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Politik

Ungeschicktes Vorgehen in Hongkong

Frank Sieren
16. November 2016

Peking entzieht zwei gewählten Hongkonger Parlamentariern das Mandat. Das hat nun ein Gericht der Sonderverwaltungszone bestätigt. Ungeschickt war es dennoch, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

China Tausende demonstrieren in Hongkong gegen Einmischung aus Peking
Wieder auf der Straße, statt im Parlament: Leung Chung-hang (li.) und Yau Wai-chingBild: picture alliance/dpa/A. Hofford

Was würde mit einem deutschen Bundestagsabgeordneten passieren, der im Parlament "Polen ist unser!" ruft? Er würde, obwohl er nur seinem Gewissen verpflichtet ist, gezwungen, sein Amt niederzulegen. Das Gleiche gälte für einen Bundestagsabgeordneten, der die Unabhängigkeit Bayerns erklärt. Man würde erst über ihn lachen. Würde er damit nicht aufhören, wäre auch in diesem Fall bald Schluss mit lustig.  

Unter diesem Blickwinkel betrachtet ist es nicht überraschend, dass am Dienstag dieser Woche (15.11.) zwei frisch gewählte Parlamentsabgeordnete der Unabhängigkeitsbewegung ihr Mandat durch ein Hongkonger Gericht entzogen bekamen, nachdem Peking zuvor genauso entschieden hatte.

Der Amtseid ist ein Muss

Die Lage ist nach Hongkonger Recht ziemlich klar: Anders als in Deutschland müssen die Hongkonger Parlamentarier einen Amtseid ablegen - so steht es in
Artikel 104 der Verfassung. Sie dürfen diesen nicht verändern oder verweigern. Genau das haben die 25-jährige Yau Wai-ching und der 30-jährige Sixtus "Baggio” Leung aber getan. Als sie am 12. Oktober ins Amt gerufen wurden, sprachen sie in ihren Eidesformeln nicht von der Verfassung Hongkongs, sondern von der "Nation Hongkong" und davon, dass Hongkong nicht zu China gehöre. Der ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses griff prompt ein und suspendierte die Parlamentarier. Ein Hongkonger Gericht bestätigte nun dieses Vorgehen.

DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Das ist zwar formal rechtens, aber politisch in höchstem Maße ungeschickt. Denn seitdem protestieren in Hongkong wieder Tausende gegen Peking. Es kam bereits zu Ausschreitungen. Als Protestanten versuchten eine Polizei-Barrikade zu stürmen, wurden sie von den Polizisten mit Stöcken und Pfefferspray angegriffen.

Peking versucht Feuer mit Öl zu löschen und hat nun noch größere Probleme als vorher. Klug wäre gewesen, über die Dummheit der jungen Parlamentarier hinweg zu sehen und sie den korrekten Eid einfach nachholen zu lassen. Klug wäre es auch gewesen, wenn Peking ganz geschwiegen hätte und ausschließlich dem Hongkonger Gericht die Entscheidung überlassen hätte. Aufgrund der Gesetzeslage war der Spielraum für die Richter sowieso gering.

Sofort alles aufs Spiel gesetzt

Aber auch die beiden Parlamentarier haben ungeschickt gehandelt. Man hätte von ihnen erwarten können, dass sie nicht gleich alles aufs Spiel setzen, sondern sich durch parlamentarische Kärrnerarbeit profilieren. Sie hätten wichtige Impulse setzen können. Auf die Position, dass die Folgen ihrer Aktion nicht absehbar waren, können sie sich jedenfalls nicht zurückziehen. Ein wenig Hoffnung bleibt für die Anhänger der prodemokratischen Bewegung allerdings: Zwei ihrer Wortführer sind ja noch im Parlament. Doch nun geht es erst einmal um Frage, was die Regierung macht, damit die Demonstrationen wieder aufhören. Auch in diesem Punkt ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.

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